Robbie Williams

Robbie Williams

Wenn sich ein Künstler auf die Bühne stellt und frei heraus fragt, was er für seine Fans tun kann, besitzt das Seltenheitswert. Erst recht, wenn dieser sich im sonstigen Leben meist wie eine launische Diva aufführt. Doch genau das macht Robbie Williams aus: Sein Programm lautet uneingeschränkt “Let me entertain you.” Er ist seine eigene Show, und seine Fans lieben ihn dafür. Das sah zu Take That-Zeiten zwar ähnlich aus, doch im Rahmen der Boyband war er nur der Spaßmacher und durfte noch nicht einmal neben Hauptsänger Gary Barlow tanzen, nur hinter ihm.

1990 beginnt Robbies Traumkarriere: Der am 13. Februar 1974 geborene Robert Peter Maximillian Williams bricht eines Nachmittags von seiner Heimat Stoke-on-Trent nach London auf, nachdem seine Mutter Jan eine Annonce für ein Casting des Agenten und Managers Nigel Martin-Smith in der Zeitung entdeckt hatte. Da Robbie schon früh das schauspielerische Talent seines Vaters Pete erkennen lässt, der in den Bars und Kneipen von Stoke einen Ruf als Entertainer genoss, hatte die Frau Mama eine Bewerbung nach London geschickt, die prompt eine Einladung nach sich zog.

Bald darauf darf der Kleine die bereits gecasteten Take That-Jungs treffen und ein paar Lieder vorsingen. Natürlich kriegt er den Job. Neben einstudierten Tanzschritten bekommt er in der Band die Rolle des Clowns zugewiesen. Anfangs ist Robbie überglücklich, denn alles, was er sich jemals erträumte, geht mit Take That in Erfüllung: Er wird berühmt, alle Mädchen himmeln ihn an.

Doch das quirlige Eigenleben, das Robbie entwickelt, sieht sein Vertrag nicht vor. Nach fünf Jahren, etlichen Reibereien mit dem Management sowie Alkohol- und Drogengeschichten, verlässt Robbie am 17. Juli 1995 Gary & Co. Das Leben mit der erfolgreichsten Reißbrett-Band der Neuzeit liegt hinter ihm.

Mitschuld daran trägt unter anderem ein von Martin-Smith nicht genehmigter Ausflug zum Glastonbury-Festival 1995, wo Robbie seine Lieblingsband Oasis trifft. Backstage versteht er sich mit den Gallaghers so gut, dass er sogar bei einem Song mit auf die Bühne darf. Es ist der schmutzige Rock’n’Roll, die damit verbundene Attitüde und der ganze Lifestyle der Brüder, nach dem sich Europas größtes Teenie-Idol über alles sehnt.

Wie der Erfolg von Oasis soll auch seine Solokarriere aussehen. Doch die beginnt vergleichsweise holprig. Williams merkt, dass er zwar das Talent besitzt, gute Songtexte zu verfassen, mit den erarbeiteten Melodien ist er jedoch unzufrieden. Hinzu kommt die zunehmende Abscheu vor seinem Ruf als Ex-Boygroup-Tänzer, der ihm den Weg zur ernsthaften Musikerkarriere scheinbar verbaut. Robbie entwickelt tiefen Selbsthass. Er mutiert zum Partytiger, frönt hemmungslos Alkohol und Kokain, wodurch sich seine Unsicherheit vergrößert und die Zahl der Panikattacken zunimmt. Auch mit den Gallaghers kommt es zum Zwist: Die Brüder fühlen sich von Robbies klettenhaftem Fangehabe ziemlich schnell belästigt und wissen sich nicht anders zu wehren, als Robbie bei zahlreichen öffentlichen Anlässen als Schwulen zu beschimpfen.

Natürlich ist Robbie zutiefst getroffen. Er schlägt verbal zurück, was wiederum eine schlimme mediale Schlammschlacht nach sich zieht. Beim ehemaligen Wham!-Sänger George Michael sucht er Rat, wie man sich von einem ungeliebten Image lösen kann. Das bringt Robbies neues Label Chrysalis auf die Idee, den Michael-Hit “Freedom” genau ein Jahr nach Robbies Take That-Split als Debütsingle für seinen Neuanfang auszuwählen. In den Charts klettert Robbies “Freedom ’96” bis hinter die erstplatzierten Spice Girls, über Williams’ Songwriting-Künste verrät die Nummer trotz des vielsagenden Titels dagegen wenig.

Das folgende “Old Before I Die”, eine lyrische Anlehnung an den Who-Klassiker “My Generation” und die Zeile “I hope I die before I get old”, schafft es nicht ganz so weit nach oben, zeigt aber schon eine grobe Richtung des kommenden Robbie-Sounds auf. Nicht ganz zu Unrecht monieren zahlreiche Kritiker aber einen hörbaren Oasis-Einfluss in Melodie und Gesang.

Mittlerweile ist der schwer übergewichtige Williams ohnehin vor allem ein Thema für die Klatschspalten. Seine Abstürze in den Hotelbars weltweit gelten bereits als legendär. Paparazzi säumen seinen Weg 24 Stunden am Tag. Da Robbies neue Freundin Jacquie Hamilton-Smith Partyexzessen auch nicht abgeneigt gegenüber steht, hilft auch sie dem Sänger nicht aus seiner Identitätskrise. Seinen verhassten Ex-Kollegen Gary Barlow disst Robbie derweil nicht nur in seinen Songtexten: Im Mai 1997 betritt Rob medienwirksam den Plattenladen HMV und kauft Barlows Soloalbum “Open Road”. Am nächsten Tag kehrt er zurück und beschwert sich beim Filialleiter: “Das hier ist Scheißmusik, ich will sofort meine 15 Pfund zurück.”

Mitte des Jahres checkt Robbie nach Überredungskünsten von seiner Mutter und Elton John in eine Reha-Klinik ein, um seine verschiedenen Süchte in den Griff zu kriegen. Sichtlich erholt und mit zahlreichen guten Vorsätzen im Sinn kehrt er nach vier Wochen in die Freiheit zurück, gerade als seine dritte Single “Lazy Days” erscheint.

Robbie Williams - The Heavy Entertainment Show

Privat läuft es dagegen nicht annähernd so gut: Robbie trennt sich nach wenigen Monaten von seiner Freundin Nicole Appleton, der Sängerin von All Saints. Später erfährt die Presse, dass Appleton ein Baby von Williams abgetrieben hat. Als sie ein Jahr später eine Liaison mit Robbies Intimfeind Liam Gallagher eingeht, bricht Williams den Kontakt mit seiner Ex-Freundin erbost ab.

Das Album “The Ego Has Landed”, eine Zusammenstellung aus Robbies ersten beiden Alben für den amerikanischen Markt, findet 1999 nicht die erhoffte Kaufkraft in den Staaten. In Europa vergisst man aufgrund seines enormen Erfolgs dagegen nach und nach, wo Robbie seine Karriere ursprünglich begonnen hatte. Während die alten Take That-Kollegen längst in der Versenkung verschwunden sind und selbst die große Songwriter-Hoffnung Gary Barlow solo enttäuscht, arbeitet sich Williams immer weiter nach oben.

Auf seinem dritten Album “Sing When You’re Winning” findet sich sogar ein Duett mit Kylie Minogue (“Kids”), das der sexy Australierin einen neuen Karriereschub verpasst (nachdem dies kurzzeitig schon Nick Cavegeschafft hatte). Zum Entsetzen seiner Plattenfirma beschließt Williams 2001, ein Album voller alter Rat Pack-Klassiker aufzunehmen.

Die Company sieht keinen Markt für ein 50er Jahre-Revival ihres größten Stars. Doch Williams setzt sich durch und straft alle Skeptiker Lügen: “Swing When You’re Winning” entpuppt sich als Riesenerfolg, seine Fans goutieren die neuen Interpretationen der Frank Sinatra– und Dean Martin-Songs, und selbstverständlich erweitert Williams mit diesem Album auch das Lager seiner Fans.

2001 gerät Robbie aufgrund einer angeblichen Romanze mit Ex-Spice GirlGeri Halliwell in den Schlagzeilen, schreibt zwei neue Songs für den Soundtrack zum Film “Bridget Jones – Schokolade zum Frühstück” und nimmt mit den drei restlichen Queen-Mitgliedern “We Are The Champions” für den Film “A Knight’s Tale” neu auf. Bei einem Konzert in Stuttgart erhält sein Verfolgungswahn neue Nahrung, als sich ein offenbar psychisch gestörter Fan auf die Bühne schleicht und den Star unsanft in den Bühnengraben befördert.

Kurz vor der Veröffentlichung von “Escapology” unterschreibt Williams im Herbst 2002 den bis dato höchstdotierten Plattenvertrag der englischen Musikgeschichte mit Capitol/EMI über 127 Millionen Euro. Der Kontrakt zwischen der drittgrößten Musikfirma der Welt und Williams umfasst neben sechs Tonträgern auch Tourneen, Bücher und Werbeartikel des Stars. Reichlich Kohle bringt dieser Deal im Sommer 2003 in die Kassen beider Parteien, als Robbie auf Europa-Tournee geht und ausschließlich in ausverkauften Stadien auftritt. Im Vorprogramm treten dabei Kelly OsbourneThe Cardigans und Skin auf.

Robbie scheint im Leben angekommen zu sein. Auch sein “Swing“-Comeback landet in den internationalen Charts. Die Fans lieben seine alten und neuen Hits und freuen sich mit und über den glücklichen Ehemann und Vater.

Im Oktober 2014 wird Robbie Williams erneut Papa. Diesmal schenkt ihm seine Gattin einen Sohn. Zwei Monate später macht Robbie Williams auch musikalisch wieder von sich reden. Abseits gängiger Promo-Pfade und hinter dem Rücken seines Produzenten Guy Chambers veröffentlicht der Brite das Album “Under The Radar Volume 1“, eine Zusammenstellung von Songs, die sich über Monate auf Robbies Festplatte angesammelt haben: “Guy ist wegen der Veröffentlichung dieser Songs ziemlich sauer auf mich. Er hätte das Album gerne standardmäßig beworben. Aber ich wollte nicht länger warten. Ich bin nun mal ein ungestümer Mistkerl.”

Doch es dauert nicht lange und Robbie holt seinen Hit-Schreiber wieder ins Boot. Zu “The Heavy Entertainment Show” melden sich beide mit einer großen Songauswahl zurück. Allerdings stammen die nicht alle aus eigener Produktion. Von Künstlern, wie Ed Sheeran oder Brandon Flowersbekommt der gute Rob einfach mal so einen Song zugeschickt und geschenkt. Das ist eine große Geste. Auch wenn er vielleicht nicht mehr ganz an die großen Erfolge anknüpft, bemüht er sich und hält vor allem auch in den sozialen Netzwerken seine Fans bei Laune. Mit seiner Frau Ayda sorgt er für viel Trubel und Späßchen. So macht er er seine Faxen auch immer wieder auf der großen Bühne.

 

Komplette Biografie von Robbie Williams auf laut.de lesen