Die Möglichkeit, sich zu amüsieren, ist ein Privileg. Feiern symbolisiert die Idee von Zusammengehörigkeit und ausgelassener Freude, aber es beinhaltet gleichzeitig auch Elemente von Exklusivität und Abgrenzung. Die Ausstellung greift das Genre der “fêtes galantes” aus dem späten französischen Barock auf, in dem Künstler wie Antoine Watteau Szenen zwischen theatralischer Inszenierung und Realität schufen. In der heutigen Zeit präsentieren zeitgenössische Künstler ihre eigenen Interpretationen von galanten Festen:
Tom Fellners (*1956) sind eine moderne Interpretation der historischen “fêtes galantes”-Gemälde. Er verwendet altmeisterliche Techniken, um sie in detailreichen Szenen nachzuahmen, fügt jedoch Monsterfiguren aus Vinyl-Monsterspielzeugen hinzu. Diese Monster brechen in die idyllischen Szenen ein und verleihen ihnen eine ironische Note. Fellners Umgang mit Kunstgeschichte betont die Repression und Verdrängung in scheinbar glücklichen Darstellungen.
Claudio Näf (*1993) ist ein vielseitiger Künstler, Aktivist und Drag-Performer als LaMer. Seine Arbeit ist eng mit seiner sexuellen Identität und seinem Engagement in der queeren Szene verbunden. Er hat Plakate, Zeichnungen und Comics geschaffen, die Themen wie Gemeinschaft, Ausgrenzung, Erotik und Clubkultur behandeln. Seine Werke spiegeln seine Erfahrungen und Inspirationen wider, darunter seine Aktivitäten in der Clubkultur und eine Botschaft der Hoffnung und Akzeptanz in Anlehnung an Dan Savages “It gets better”-Kampagne.
Nathanael Gautschi (*1982) ist ein Fotograf, der sein Handwerk gelernt hat und es für Kunst- und Architekturfotografie sowie für sein Atelier “Gautschi Editions” in Aarau nutzt. Er fängt in seinen Fotografien gewöhnliche Szenen ein und verleiht ihnen durch geschickte Auswahl, Licht- und Farbbearbeitung sowie perfekten Druck eine ästhetische Note. Seine Motive, oft im Freien, zeigen Gruppen von Menschen, ähnlich wie die “fêtes galantes” des Rokoko. Dabei konzentriert er sich auf Jugendliche am Strand, Kinder im Vergnügungspark und andere Alltagsszenen.
“Quartett PLUS 1” ist ein Streichtrio bestehend aus Kathrina Hülsmann (Viola), Katharina Pfänder (Violine) und Lisa Stepf (Cello). Sie verbinden in ihren Projekten Klassik, Improvisation und Pop-Musik und erforschen musikalisch-performative Rituale in Zusammenarbeit mit Regisseurin Verena Ries. Für die Ausstellung haben sie “POP UP” (2023) entwickelt. “POP UP” untersucht das musikalische Erbe von Michael Jackson und die Frage, ob seine Musik noch akzeptabel ist, angesichts der Vorwürfe wegen Kindesmissbrauchs. Die Arbeit umfasst drei Hörstationen mit begleitenden Anweisungen für das Publikum. Zusätzlich gibt es eine fünfstündige Konzertperformance namens “Verdrängung”. In der Konzertperformance wird gefeiert, aber auch reflektiert und hinterfragt.
Thi My Lien Nguyen (*1995) ist eine Schweizer Künstlerin, die in ihren Werken das kulturelle Erbe ihrer vietnamesischen Familie und Fragen zur Zugehörigkeit und Heimat untersucht. Sie nutzt Fotografie, Video, Installationen und Performances, um Geschichte neu darzustellen, insbesondere im Kontext der Esskultur, die sie als Teil einer postmigrantischen Generation erlebt. Ihr Video “Bellies to fill” (2023) in der Remise erzählt die Geschichten ihrer Mutter und Großmutter, aktualisiert durch ihre eigenen Erfahrungen. Der gesprochene Text verwebt die Geschichte dreier Generationen und betont die Bedeutung von Essen in ihrer Identität. Kleinformatige Fotografien der Serie “Food for the Dead” (2022/2023) ergänzen das Thema des Videos.