Brexit-Folgen: Keine UK-Bands mehr auf dem Kontinent?

Brexit-Folgen: Keine UK-Bands mehr auf dem Kontinent?
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Britische Stars zeichnen ein düsteres Bild von der Zukunft: Bandsterben auf der Insel und europäische Bühnen ohne britische Acts.

(ebi) «Viele Bands wird man in den nächsten Jahren nicht mehr auf dem Kontinent sehen«, prophezeit Jeremy Pritchard am Wochenende exklusiv im Spiegel. Der Everything Everything-Bassist führt plastisch vor Augen, was Großbritanniens Musikszene derzeit neben den Folgen der Covid-19-Pandemie am meisten bewegt: Man fühlt sich von der Regierung und ihren konservativen Unterstützern bei den Brexitverhandlungen mit der EU schlichtweg im Stich gelassen.

60 Visa für Band- und Crewmitglieder

Im Kern der Sorgen stehen die seit dem Schicksalsdatum 1. Januar 2021 geltenden Visa-Regeln für Kulturschaffende, die in Länder der EU einreisen wollen. Pritchard schildert die Folgen im Spiegel ganz konkret: Für die in diesem Jahr angedachte Tour durch sechs EU-Staaten hätten Everything Everything für Band und Crew 60 Visa beantragen müssen. Zudem stünde der Band ein Papierkrieg bevor. Ein Visa kostet zwischen 60 und 100 Euro, der notwendige Zollbegleitschein für einen Equipment-Truck knapp 400 Euro. Zudem müsse man alle Gegenstände, die man einführe, auflisten und auch wieder zurückbringen. Tourbusse und Trucks dürften innerhalb der EU auch nur drei Stopps einlegen, jeder weitere kostet extra.

In einem Zeit-Artikel zum selben Thema werden noch weitere Kosten aufgeführt, etwa mehrere hundert Euro für Krankenversicherungen. Manche EU-Staaten würden außerdem obendrauf noch eine Arbeitserlaubnis verlangen, schreibt BR-Klassik. Die Liste der bürokratischen Anforderungen und anfallenden Kosten, so der Spiegel, ließe sich weiter fortsetzen. Alles in allem ein Aufwand, der für Everything Everything nicht machbar sei: «Das gilt für tausende Bands, sogar für manche, die noch erfolgreicher sind als wir«, betont Pritchard.

#boriskilledmusic – Stars machen Druck

Öffentlich laufen die Musiker*innen von der Insel seit dem Jahreswechsel Sturm. Unter dem Hashtag #boriskilledmusic machen sie ihrer Wut Luft. Eine Petition für Visafreiheit fand bis dato fast 300.000 Unterschriften, darunter von Dua Lipa oder Biffy Clyro.

Mitte vergangener Woche veröffentlichten dann 100 britische Stars in der Times einen Brandbrief, in dem von «Verhandlungsversagen» die Rede ist, das «viele Künstler in den Abgrund stürzen werde«. Gerade kleinere und junge Bands stünden so vor dem Aus, internationale Karrieren könnten erst gar nicht beginnen. Unterzeichnet haben u.a. Elton John, Sting, Ed Sheeran, Brian May, Peter Gabriel, Bob Geldof, Kim Wilde, Joss Stone, Radiohead, Iron Maiden, Glass Animals, The 1975, The Sex Pistols oder Liam Gallagher. Sogar Brexit-Befürworter Roger Daltrey von The Who fällt plötzlich aus allen Wolken und unterschrieb. Er hätte es besser wissen können.

Schuld sind die anderen

Der britische Premier Boris Johnson wies alle Schuld von sich und schob der EU den schwarzen Peter zu. Diese habe eine «weitaus ambitioniertere» Vereinbarung abgelehnt. Auf EU-Seite heißt es, die Briten weigerten sich, ein Kapitel in den Brexit-Vertrag aufzunehmen, das bestimmte Berufsgruppen wie Kulturschaffende bei Kurzaufenthalten ausdrücklich von der Visumpflicht befreit hätte. Der Grund: die von der britischen Regierung «verhasste Personenfreizügigkeit«. Den späteren britischen Vorschlag wiederum, es jedem einzelnen EU-Land selbst zu überlassen, ob Visa benötigt werden oder nicht, habe man auf EU-Seite abgelehnt.

Johnsons Regierung, so der Spiegel, dürfte es sich nun trotzdem kaum leisten können, den kollektiven «Zornausbruch» zu ignorieren. Denn UKs weltweit erfolgreiche Kreativindustrie trage mehr als 110 Milliarden Euro zur jährlichen britischen Wirtschaftsleistung bei. Everything Everythings Pritchard bringt es auf den Punkt: «Schon seltsam, wir betrachten uns als kulturelle Supermacht, aber jetzt verhindern wir den kulturellen Export zu unseren nächsten Nachbarn«.

 

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