Stell dir vor, es ist DSDS, und keiner guckt hin. Praktisch! So fällt kaum auf, dass unser neuer “Superstar” zweimal hintereinander das gleiche Lied sang.
Keine Ahnung, ob die Quoten das subjektive Empfinden bestätigen werden. In den letzten Jahren stürzten sie jedenfalls rasant ab. Ein weiteres Indiz für die aus nicht gerade schwindelerregender Höhe ins Bodenlose gestürzte Relevanz von “Deutschland sucht den Superstar”: Während einem früher die Nachrichten über die frisch entdeckten Gesangssternchen rudelweise ins Gesicht sprangen, musste man sich schon aktiv bemühen, um von der aktuellen 17. Staffel in der medialen Berichterstattung überhaupt irgendetwas mitzubekommen. Sofern nicht gerade Xavier Naidoo gefeuert wurde.
Nun jedoch, merket auf! Die Nation hat wieder einen neuen “Superstar”. Der Name, den ihr diesmal umgehend wieder vergessen dürft, lautet Ramon Roselly, er singt – Überraschung! – Schlager. Im Casting trat der einer Zirkusfamilie entstammende Gebäudereiniger noch unter seinem bürgerlichen Namen Ramon Kaselowsky an. Der erschien den Verantwortlichen aber wohl zu unglamourös für eine Karriere im Showbusiness.
Mit über 80 Prozent der Publikumsstimmen setzte sich Ramon am Samstagabend gegen seine Endgegnerin Chiara D’Amico durch. Dieter Bohlen hatte zu diesem Behufe den Siegertitel “Eine Nacht” vom Fließband laufen lassen, der für alle vier Finalkandidat*innen “unterschiedlich arrangiert” wurde.
Allzu groß schien die Bandbreite dann allerdings doch nicht zu sein: Einzig bei Joshua Tappe klang es etwas Elektro-lastiger, die übrigen drei – neben den beiden Genannten ging noch Paulina Wagner ins Rennen um den Titel – bekamen jeweils eine Schlagerversion zugedacht.
100 Jahre sind eine Nacht
Gewonnen hat, wie gesagt, Ramon Roselly. Wollen wir hören, wie seine Fassung klingt? Nein? Egal, sie klingt so:
Uppsalla, pardon. Das war ja gar nicht “Eine Nacht”, das war ja Randolph Rose. Wie konnte ich denn das verwechseln? Zumal Ramon Roses “100 Jahre Sind Noch Zu Kurz” kurz zuvor in Runde zwei noch als sein Staffelhighlight zum Besten gegeben hatte. Sein Gewinnersong – der aus Bohlens Feder, zwinkerzwinker – geht selbstverständlich so:
Ein Album! Huch!
Der Gewinner ist von seinem Triumph selbstverständlich “total überwältigt” – und sich nicht zu schade, zu behaupten, er habe “heute Nacht erfahren, dass ich mein erstes Album veröffentlichen werde!!!” Na, das nenn’ ich eine Überraschung. Dachte er wirklich, er werde als der erste Gewinner in die DSDS-Geschichte eingehen, der nicht im Schnellverfahren verheizt wird?
Der zweifellos total liebevoll auf seine Person zugeschnittene, detailliert und mit Herzblut ausgearbeitete und entsprechend völlig glaubwürdig und treffend “Herzenssache” betitelte Longplayer erscheint diese Woche. Wenn das kein geeigneter Grundstein für ein solides Karrierefundament sein soll … was dann?
Im Ernst: Hätten wir nicht inzwischen die 17. (!) Staffel der Jahr für Jahr unangenehmer gewordenen Talentshow hinter uns gebracht und könnte man entsprechend nicht langsam wissen, wie der Hase dort läuft, der Junge könnte einem fast Leid tun.